Get You Back Home

Komischer Marxismus: Punk Rock und die Bash Street Kids

Das Wert des Materialismus als philosophische Orientierung die dazu gutgeeignet sei die Fragen der Kunst anzunähern ist seit langer Zeit unterbewertet. Genau wie Lenins 'Materialismus und Empirio-Kritik' (1908), wirft das Buch 'Intellectual Imposters' von Alan Sokal und Jean Bricmont (1998) Fragen auf, die zu peinlich sind um in Kunstzirkeln weiterdiskutiert zu werden. Es ist als ob der Hinweis auf wissenschaftlicher Tatsachen und ein Universum das ohne menschliches Bewußtsein existiert eine Einladung sei für die Rowdies die dann durch das Blumenbeet der Kultur und Fantasie amoklaufen.

Von der geschichtlichen Seite herbetracht hat die Ausmarkierung einiger kulturellen Produkte als heilig immer bildstürmende Reaktionen vorgebracht. Eine materialistische Theorie der Kultur muß unbedingt die Art und Weise anerkennen, wobei die gesellschaftliche Ungleichheit und Hierarchie das Innern der Menschen verletzen, und sowohl die destruktive Tendenz in ihrer Dialektik einbeziehen. Ohne Anerkennung dieser Animosität der geerbten Kultur gegenüber, wird die Kultur etwas Äußeres, dem Selbst fremd, eine unterdrückende Sammlung von Regeln und Maximen. Hans Richter, sowohl Beobachter wie Mitmacher in Dada betauft seine Dialektik 'Kunst und Anti-Kunst'. Zu der Zeit als Punk auf der Höhe der Furore war, wurde der Manager der Sex Pistols, Malcolm McLaren dafür kritisiert daß er bei den Konzerten Gewalttäten provoziert hätte. Er antwortet mit diesen Worten: Man muß zerstören um wieder aufbauen zu können. Es ist nicht umsonst daß The Beano das weitverbreiteste und gelesene Komikheft der siebziger Jahren eine permanente Feindseeligkeit der Zivilisation oder der Kultur entgegenstellte, und noch dazu eine Vorliebe für Witze, Chaos und Verwandlung erweist.

 

Anstatt eine schon untergedrückte Rasse oder Volk zerschlagen zu wollen, zielte Dada darauf die Kultur und Bildung des gebildeten Mensch zu zerstören, und dabei verspottete Dada den Kulturprunk, um so besser einen lachender Körper ins Leben zu rufen. Unser These läutet so: ein neuer revolutionärer Marxismus, unangesteckt durch die Kompromisse die in Stalins Konzept des 'Sozialismus in einem Land' einnisten, muß dieser gleichheitliche Aspekt des Dadas wiederfinden - das sich auch wieder befindet in den subversiven und pornographischen Aspekten des Oeuvres James Joyce.

Eine Befürchtung, die geäußert wird über die materialistische Theorie der Kultur, ist das sie den Genuß und den Zauber zerschmettert, in dem sie alles auf die harten Fakten der Wirtschaft und die Politik reduziert. Eigentlich ist genau das Gegenteil richtig. Durch die Aufhebung der Einbilding der Fantasie in eine sonderliche, besondere Sphäre wird sie unter Quarantäne gestellt und dabei gehindert in ihrer Suche nach einer produktiven Beziehung zur wissenschaftlicher und praktischer Arbeit. Adorno sagt: 'Wahrheit ist objektiv und nicht plausibel' (Nekative Dialektik) Oder anders gefasst, das Moment die am erstaunendsten ist, ist dann nicht das Moment der Freude in den wunderbaren Lustgärtchen der Seele, die ausmarkiert werden von einer verwalteten Gesellschaft als besonders schön, sondern eher das Moment wenn die Realität einbricht und begriffliche Systeme durchbricht und zerbrochen läßt.

Wie die Surrealisten herausgefunden haben ist eine der bermerkenswerten Betrachtungsweisen des Materialismus die Gleichzeitigkeit, oder der Zufall - welche wir auf Englisch "Coincidence" nennen. Aber dieser Zufall - simultane Ereignisse, Verdopplungen, unheimliche Momente- ist nur für die kartesianische Zwiespaltung zwischen Seele und Körper, zwischen Denkfähigkeit und das Weltall oder Sternsystem ein unverständliches Rätsel.

In 2001 hat Marco Maurizi einen Vortrag zur Papier gebracht, den er "Sophopraxis" nennt. Der vollständiger Titel war: "Sophopraxis: ein Versuch über das unmenschliche Verstehen, oder die Freude von 'Zounds!'". Sein Thema war ein dadaistischer Materialismus, der Bezug nimmt auf Hegel, Marx, Adorno und Frank Zappa. "Zounds!" ist ein Zitat aus dem Roman Tristram Shandy, ein Werk das in London zwischen 1760 und 1767 in Teilen veröffenticht wurde. Der Autor war Laurence Sterne, Sohn eines Engländer der in Irland lebte, wo Sterne dann geboren wurde. Vielleicht weil Maurizi gerade eben zu der Zeit eine akademische These zur Adorno und der Philosophie vollständig gebracht hat, war sein Vortrag deutlich vom Lustprinzip informiert. In voller Bewußtsein springt Maurizi die historischen Epochen über, und bildet dabei 'lächerliche' Verbindungen und Analogien. Tristram Shandy ist ein berühmtes Werk, insbesondere ist der Roman berühmt weil er so lustig ist. Er verspottert andauerend die Annahme daß es feste Systeme der Darstellung gibt, sowohl wie auch die 'Paradigme' von Raum und Zeit, die Kant als grundsätzlich für die menschliche Wahrnehmung vorgegeben hatte. Laurence Sterne führt den neuen Rationalismus von Locke und Berkely und Hume an der Nase herum. Wie James Joyce, Sterne bezieht sich auf einen sexuellen Materialismus, um sich lustig zu machen über die bürgerliche Moralität und auch den bürgerliche Rationalismus. Die körperliche Wirklichkeit wird zur Waffe gegen das Bürgertum - seine Moral, sein Rationalismus - und der Roman führt körperliche Funktionen hinein, auch in den unmöglichsten Situationen. Das Buch ist wohl die Autobiographie der Charakter Tristram Shandy. Natürlich, muß man mit dem eignenen Empfängnis anfangen. Der sexuelle Verkehr der Eltern ist unterbrochen, als Mutti Vati fragt, ob es ihm schon einfallen ist - wie jede Nacht schon - die Uhr aufzuzogen. Nach Sigmund Freud, weißt der Unbewußtsein nichts von der Zeit - nichts von der Chronologie. Der Protest gegen die mechanistische Zeit und den mechanistichen Rationalismus ist hier ganz deutlich geworden. Der Auszug aus dem Roman, den Maurizi untersucht, bezieht sich auf das Schrei "Zounds!". Dieses englisches Schimpfwort findet seine Quelle im anderen Ausdruck "God's Wounds", "die Wunden von Jesus Christus". Semantische und grammatikalische Systeme reichen wohl, sind wohl ungenügend, um die unwillkürlichen Ausdrucksweisen der Körper zu verstehen. Am Schluß, schlagt Maurizi vor, daß der "Zounds!" von Sterne die Grundlage einer neuen dadaistischen Wissenschaft sein könnte.
Maurizi fängt bei Kant und Hegel an. Danach spricht er über Adorno und Gramsci. Es scheint danch als ob sein Argument sich in der Lächerlichkeit gestürzt ist. Ganz einfach ist es vorzustellen was die schlagfertige Antwort des ernsten politischen Aktivists sein würde: "Du bist kein Marxist, und dein Materialismus ist falsch. Für dich ist die beste Ort der Kindergarten des Postmodernismus, wo alles erlaubt sei, weil alles egal sei und nichts wichtig sei. Nun, Maurizi hat sehr viel gelesen - er hat sogar noch mehr gelesen seitdem er den Vortrag geschrieben hat - aber er hat immer nicht alles gelesen - was ein gutes Ding sei, weil ansonsten hätte er nicht mehr zu machen in seinem Leben. Zu der Zeit, also, wüßte er nicht, daß Karl Marx Tristram Shandy gelesen hat, und daß ihm das Buch sehr lieb war. Am Ende der 1830 Jahren hat Marx eine Nacheiferung geschrieben. Sie heißt Skorpion und Felix. Der beißende Spott, den man in der Achtzenten Brumaire und im Kapital und anderswo findet wäre ganz unmöglich gewesen, wenn Marx nur Hegel und Ricardo und das gleiche gelesen hätte, und wenn er nicht das Vorbild von Sterne gehabt hätte.
Im Kapital 37 von Skorpion und Felix, macht sich Marx lüstig über David Hume. Der Empirizismus von Hume ist so drastisch und radikal, daß er angefangen hat, die gesamte Wissenschaft in Frage zu stellen - und denkt dabei das es vielleicht kein Wissen gibt, auf den man sich stützen könnte. Wenn es nicht möglich ist, die Wahrheit zu erreichen, man mußt pragmatisch sein. Hume benutzt den Rationalismus, um den Rationalismus kaputtzumachen: die fortschrittliche Politik der Aufklärung war von ihm - und durch seine eigene Logik - widergelegt.

17. KAPITEL.
David Hume behauptete dieses Kapitel sei der locus communis des früheren und zwar behauptete er dieß, eh ich es noch geschrieben hatte. Sein Beweis war folgender: Indem dieses Kapitel ist, ist das frühere nicht, sondern dieses hat das frühere, aus dem es hervorgegangen, zwar nicht als Ursache und Folge, denn die bezweifelte er, verdrdngt. Jeder Riese, also auch jedes Kapitel von 20 Zeilen sezt aber einen Zwerg, jedes Genie einen ledernen Philister, jeder Aufruhr der Meere Schlamm und, sobald die ersten verschwinden, beginnen die lezteren, nehmen Platz am Tische und strecken gewaltsam ihre langen Beine aus.
Die ersten sind zu groß für diese Welt, drum werden sie hinausgeworfen. Die lezteren dagegen schlagen Wurzeln in ihr und bleiben, wie man sich denn aus Thatsachen überzeugen kann, denn der Champagner läßt einen bleibenden, widerlichen Beischmack, der Held Cäsar den Schauspieler Oktavian, der Kaiser Napoleon den Bürgerkönig Ludwig Philipp, der Philosoph Kant den Ritter Krug, der Dichter Schiller den Hofrath Raupach, der Himmel Leibnitz die Schulstube Wolf, der Hund Bonifacius dieß Kapitel.
So schlagen die Basen als Bodensatz nieder, aber der Geist verraucht. [Karl Marx, Scorpio & Felix, late 1830s, MEGA Vol. 1, pp. 699-700]

In seiner Biographie von Marx hat der neueste Marx-Biograph Francis Wheen bemerkt, daß dieses Schriftstück von Marx die berühmte Anfang der Achtzehnten Brumaire voraussieht, und zwar da wo Marx Napoleon das Dritte als eine possenhafte Wiederholung von Napoleon Bonaparte verspottet. Bei Tristram Shandy nimmt Sterne den Nimbus des Prunks hinweg. Diese Satire - eine geschickte Antwort zur Anmaßungen des neuen Rationalismus - hat einen Prinzip aufgeworfen, den Marx nie vergessen hat. Marxismus hat eine Beschimpfung, die heißt "Epigone". Damit sollte angedeutet werden die kleinen heutzutagigen Politiker und Kulturpersönlichkeiten, die sich in den Kleidern der gefeierten Persönlichkeiten der Vergangenheit kostümieren, und dabei für sich eine falsche Autorität nehmen - ein Aura. Die marxistische Idee schlägt vor, die Vergangenheit nicht als Rechtfertigung einer armseligen Gegenwart auszunutzen, sondern als Richter und Henker dieser Gegenwart. Die Idee kommt zum Leben bei Trotsky, mit seiner Theorie der "permanenten Revolution", und bei Benjamin, mit seiner Phrase: "in jeder Epoche muß versucht werden, die Überlieferung von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, sie zu überwältigen" ('Über den Begriff der Geschichte' VI, GS 1.2, p. 695).
Der Schluß der obenangegebenen Zitat heißt - "die Lauge ist ausgefallen, der Spiritus verdampft" - werft der herrschende Klasse vor, Abschaum zu sein, eine Beleidigung, die üblicherweise für die Arbeiterklasse reserviert wurde. Am Ende des Skorpion und Felix, leidet ein Hund namens Boniface - genannt nach dem Sankt Boniface, Apostel von Deutschland - an der Verstopfung.

48. KAPITEL.
Merten sprang einigemal verzweiflend auf, als noch immer keiner der Gerufnen erscheinen wolite.
"Armer Bonifacius! Doch, wie wäre es, wenn ich selber wagte, vorläufig die Kur zu übernehmen? Du bist überhaupt erhizt, das Blut strömt aus Deinem Munde, du willst nicht essen, ich sehe gewaltsame Anstrengungen in Deinem Unterleibe vorgehn, ich begreife dich Bonifacius, ich begreife dich!" und Grethe trat mit lauwarmem Wasser und Essig herein.
"Grethe! Seit wie viel Tagen hat Bonifacius Mangel an Oeffnung? Habe ich dir nicht vorgeschrieben, ihm wenigstens jede Woche einmal ein lavement angedeihn zu lassen, doch ich sehe, ich werde künftighin selbst Geschäfte von solcher Wichtigkeit übernehmen müssen! Bringe Oel, Satz, Kleie, Honig und ein Klystier!"
"Armer Bonifacius! Deine heiligen Gedanken und Betrachtungen ver stopfen dich, seitdem du sie nicht mehr in Rede und Schrift von dir geben kannst!"
"O! du bewunderungswürdiges Opfer von Ideentiefe, o du fromme Verstopfung!" [MEGA Vol. 1, p. 703]

Die Gleichsetzung von literarischer Produktion und sichentleerender Aktion kommt auch bei James Joyce vor. Sie ist nicht nur eine belustige Fäkelsprache, nicht nur eine skatologische Satire über die Hochgeborenen, aber auch sowohl ein philosophischer Standpunkt, der darauf besteht auf die Zentralität des menschlichen Schaffens in der literarischen Produktion. Marx und Joyce kommen immer wieder zum menschlichen Körper zurück, weil er die Quelle des Schreibens ist. Sie erlauben es nicht, daß sich die materielle Wirklichkeit des Autors durch transzendentalische Begriffe ausgeblendet wird. Die Satire von Marx gegen Hume gründet sich auf Marxs Fruchtbarkeit als Schriftsteller. Er greift den Skeptizismus von Hume an in dem er der Vorwurf stellt daß Hume ein a priori Urteil des Kapitels hat, schon bevor Marx es geschrieben hat. Hume sagt, sein Kapitel soll nichts mehr als eine leblose Lauge von vorhergehenden Ideen sein werde. Hume ist Professor, Marx ist Rebell.

In der Heiligen Familie sagt Marx folgendes über den Rationalismus der neuen Naturwissenschaften von Francis Bacon und Thomas Hobbes

In seiner Vorentwicklung wird der Materialismus einseitig. Hobbes ist der Systematiker des baconischen Materialismus. Die Sinnlichkeit verliert ihre Blume und wird zur abstrakten Sinnlichkeit des Geometers. Die physikische Bewegung wird der mechanischen oder mathematischen geopfert; die Geometrie wird als die Hauutwissenschaft proklamiert. Der Materialismus wird menschfeindlich. Um dem menschenfeindlichen, fleischlosen Geist auf seinem eignen Gebiet überwinden zu können, muß der Materialismus selbst sein Fleisch abtöten und zum Asketen werden. (Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik, 1845, p. 161)

Nach Marx, der Sinn der Wissenschaft als das Produkt der menschlichen Arbeit und der Aktivität, und nicht die passive Widerspiegelung der Tatsachen, war nur bei den idealistischen Philosophen konserviert. Die Verallgemeinerungen der Positivisten unterdrücken die Eigentümlichkeiten der Erfahrung und die Poesie des Alltagslebens. Marx hat sich die Aufgabe gegeben, diese beiden Seiten zusammenzubringen, und dabei einen menschlichen Materialismus ins Leben zu rufen. Es ist unmöglich, das Problem nur in der Philosophie zu lösen: der Rätsel ist auch sowohl sozial und politisch.

Heutzutage beharren sich die post-dada bildenden Künste darauf, daß die Ideen und Begriffen ein Produkt der aktiven Verfasserschaft seien. Aber immerhin müssen diese schönen Künste ihre eigentliche Rolle noch anerkennen, daß sie die Superreichen Schmuckgegenstände zur Verfügung stellen. Um die Wahrheitsinhalt moderner Kunst und Sozialwissenschaft zusammenzuführen - welcher die Absicht Adornos ist - ist es nutzlos, einfach die Kunst an sich zu verteidigen. Die Zufälle mussen erklärt werden: warum hat Maurizi eine Zusammenführung von Tristram Shandy und Karl Marx erschafft, obwohl er damals von Skorpion und Felix nichts wüßte? Der Forschungsprojekt Zappologie entdeckt andauernd auch solche Zufälle - die keinen Anteil haben an Epoche und Logik. Die Hunde, der Scheiß, die Klistierspritze ... und auch nicht zu vergessen, der Faustchen schwarze Pudel bei Goethe. Um diese "Gleichzeitigkeiten" oder Wiederholungen zu erklären, brauchen wir eine materialistische Kulturtheorie. Die echte Kultur ist nicht ein Erbstück, das Künstler und Denker an einander weitergeben, sondern sie ist eine Antwort auf der tatsächlichen Gegebenheiten. Sie ist eine Wissenschaft, und nicht - wie bei Jacques Derrida - eine Glaubensache. Die erstaunliche "Gleichzeitigkeiten" sind nicht willkürlich, gleich wie est nicht wilkürlich sei daß die Dichter vom Mond oder von der Liebe reden. Das Problem ist geseelschaftlich. Die Gesellschaft ist so überkultiviert, daß die Enthüllungen in bezug auf das materialistischen Körper - geschlechtlich, scatologisch, hundlich - scheinen außergewöhnlich zu sein, kein gängiges Teil der Kulturkritik. In den spät 40er Jahren sagte der dänische Maler Asger Jorn, daß für ihn die wirkliche Prüfung jeder Philosophie der Kunst sei, ob sie Darwin, Marx und Freud verstehen konnte, und deshalb ob sie den Mench als Tier akzeptieren konnte. (Peter Shield, Comparative Vandalism, Ashgate/Borgen, 1998, p. 184; unpublished article, "Nye tanker i en ny form", 1953, Silkeborg Kunstmuseum archives). Die Ablehnung der animalistischen Seite der Menchen ist die Ursache der sozialen Ünterdrückung - von der Niedergeschlagenheit des Weibs im Altertum bis zum Sexismus im Hollywood Film. Dieser Standpunkt erinnert an den von Adorno und Horkheimer in ihrem Buch Dialektik der Aufklärung (auch vom späten 40er Jahren), ohne das die deutschen und der Däne einander gegenseitig gelesen hätten.

Die defensive Reaktion auf die Veröffentlichung des "Intellectual Impostures" von Sokal und Bricmont macht es klar, daß die amerikanische Linke von transzendentalischer Ideen über die Rolle der Kultur überwältigt geworden ist: die Geisteswissenschaften sind zur schutznötigen Glaubensache geworden, und hätten mit exakter, untersuchbarer, prüfungswürdiger Wissenschaft überhaupt nichts zu tun.

Der Inbegriff der Kultur als ein Kartenhaus, das angedroht wird von jedem Hauch der Nichtachtung, stammt nicht aus ein wissenschaftliches Verstehen der Rolle der Kultur in der Gesellschaft, aber aus die Tendenz-Plädoyer der Berufsakademiker. Solcher "Kulturschutz" ist eine metaphysische Rückstrahlung der Klassengesellschaft, mit seinen hierarchischen Ehrenzeichen von hoch und niedrig, Seele und Körper, Geist und Stoff, Kultur und Wirtschaft, die alle sich basieren auf der Vorstellung einer vortrefflichen Verbrauch und schändlicher Erzeugung.

Der Marxismus lehnt diese Trennungen ab. Wir müssen es tun, weil der Kapitalismus es schon gemacht hat. Karl Marx hat bemerkt, auf der ersten Seite vom Kapital, daß es der kapitalistischen Produktionsweise egal sei, ob die menschlichen Bedürfnisse welche sie befriedigt "dem Magen oder der Phantasie" entspringen. Eine echte Kulturtheorie muß diese Tatsache anerkennen. Progressive Kulturkritik hat leine Interesse daran, die "besten" Artikeln für den Verbrauch auszuwählen, sondern eher die am besten angepassten Umstände hervorzubringen, welche die aktive Produktion der Kultur - oder Widerkultur - ermutigen. Der Neoklassiker einsetzt die Werke der Vergangenheit, um die Gegenwartspotential zu verneinen. Dazu hebt er Kapital - erstarrte Arbeit - in den Himmel auf, und unterdrückt dabei die lebendige Arbeit. Es ist nicht umsonst daß Adorno über zeitgenössiche Komponisten geschrieben hat, und seine Gedanken zu Beethoven nur posthumlich veröffentlicht wurden.Auch wenn er Beethoven als Revolutionär gefeiert hat, war es wichtiger, lebendige Werke zu hören.

Wenn dieWarenproduktion keine Unterscheidung macht zwischen Bedürfnisse die von körperlicher Wünsche (Magen) oder sozialer Vorstellung (Phantasie) entspringen, dann ist ihre undialektische Zwiespaltung eine metaphysische Illusion, ein Restbetrag der christlichen Gegenüberstellung von Seele und Leib. Marx sagt, "Religionskritik ist die Vorbedingung aller Kritik" ("Contribution to a Critique of Hegel's Philosophy of Right", 1844, Early Writings, p. 243). Es hat keinen Sinn, eine "marxistische" Kulturtheorie zu entwickeln, wenn man diese Kritik der christlichen Verunglimpfung des Leibs außer Acht läßt. Um den geistigen Lebensbereich als soziale Wirklichkeit zu fördern, mit seinem Boden und seiner Kirchen und seiner Kloster, hat Christentum die platonishe Lehre übernommen, die sagt daß die Wahrheit ewig und abstrakt sei, und die Sachen dieser Welt vorübergehend und fehlerhaften seien. Wenn man Fragen über diese Lehre stellte, war es ganz gefährlich: Giordano Bruno wurde zum Feuertod verurteilt. Wenn man die Anklagen gegen Sokal liest - weil er gesagt hat, daß Jacques Lacan Topologie nicht versteht, oder die Mathematik von Julia Kristeva unecht sei- ist es die gleiche Anklage wie die gegen die Ketzerei: "Die Besoldung ist hochheilig!".

Eines der Argumenten gegen Sokal läutet so - obwohl er sagt daß er ein Linker sei (er hat die Mathematik in Nicaragua unter den Sandinisten belehrt), sein Positivismus es ermöglicht daß die Rechten die Linken angreifen. Wenn man sagt, daß Poststrukturalismus und Postmodernismus idealistisch und nicht überzeugend seien, gerät die ganze Linkskultur ins Gefahr. Es zeichnet so wenig Vertrauen in den Möglichkeiten eines echten Materialismus auf, woauf sich die marxistischen Vorausetzung der Emanzipation der Arbeiterklasse gründet.

In England war der Streit über Punk Rock in den siebzigen Jahren ein deutliches Beispiel des Unterschieds zwischen die Idealisten, die meinen daß am Basis des Menschenslebens ist der Verbrauch, und die Materialisten, die meinen das es die ergiebige Arbeit sei. Die Sex Pistols spielten eine Musik der Profanation, der Gewaltsamkeit, des Nihilismus. Sie waren politischerweise unzuverlässig. Es war nicht möglich, sich Punk anzunähern, ohne daß man dabei selbst produktiv wird. In 1977 mußte man entweder die Punk Rock versagen, oder Punk werden, als Protest, im Gegenteil zum abgedroschenen Leben. Es gab keine Möglichkeit mehr Musik wie Mike Oldfields Tubular Bells zu behandeln, als Tapete, als etwas im Hintergrund, als ein Lebensziergegenstand, als Schmuck. Die Linken haben sich gestritten über die Analyse des Punkrocks. Zum Beispiel, die Arbeitersrevolutionäre Partei (WRP), sagte daß Punk Rock faschist sei. In der Sozialistischen Arbeiter Partei (SWP), haben wir es versucht, Punk Rock über die Streitfrage des Rassismus zu spalten. Rock Against Racism - "Rock Gegen Rassismus" - zwang die Punks dazu einen wahl zu machen - sie müßten zwischen Nihilismus gegen die Menschen, oder Nihilismus gegen das bürgerliche Eigentum und die Einwanderungsbeschränkungen entscheiden. Wir konnten es tun, weil als Marxisten glaubten wir nicht daß die Wahrheit der Politik überirdische Begriffe - wie Liebe, Friede, Toleranz - bräuchte, sondern lieber die Selbsttätigkeit der Arbeiterklasse erfordert. Punk Rock war progressiv als Aktivität, als Schaffen, nicht als Produkt. Die Lust auf Punk Schallplatten und Konzerte war eine wirkliche soziale Tatsache, welche die Linke anerkennen und mit der sie mitarbeiten mußte, und nicht bloß ein Beispiel vom "Warenfetischismus", etwas was die Linke überwinden sollte. Punk Rock richtete seine Anstrengungen an die Geschlechtsbedürfnisse der Jugend - und seine Selbsterklärungs- und Abenteuers- bedürfnisse. Es war unmöglich, zwischen Magen und Phantasie zu unterzuscheiden. Es ist unmöglich, die Widersprache von Kapitalismus zu vermeiden. Wir leben damit, wir sind wohl da und müssen Stellung nehmen.

Ein Jahrhundert vor der Erscheinung des Punk Rocks deutete das Wort Punk etwas anderes: es beschreibt etwas unwürdig, lächerlich, oder Quatsch, Unsinn. Lord Carlyle hat von "phosphoreszierendem Punk und der Nichtigkeit" gesprochen. Aber, in der Tat, ziehen die Punks die Fluoreszenz vor. Die Phosphor nimmt das Licht auf, und glüht nachher in der Dunkelheit. Die Fluoreszenz wartet nicht. Sie wirf t das Licht gleich zurück, aber erhöht - mit Licht von unsichtbaren Lichtwellen hergeglitten.

Also Punk: spottbillig, schnell, anti-romantisch, ohne Interiorität, eine Ohrfeige als Riposte zum Geschmacksinn des Publikums.

Eine Methode, die lebenslose Unvermeidbarkeit der Geschichte die im nachhinein geschrieben worden ist, explodieren zu lassen, stammt von Walter Benjamin: die Idee der schwangeren Einzelheit. Durch wahnsinnige Konzentrierung aufs Detail soll seine Anordnung in der festgelegten Reihenfolge der Ereignisse aufgeschüttelt werden. Die zahlreichen Möglichkeiten der menschlicher Aktivität sind erhüllt. Die Punkgeschichte zu erzählen, als ein Story von Schlager und Ruhm, macht aus ihr ein Pop Phänomen. Aber Punk war gerade eine Rebellion gegen die Handelslogik von Pop. Uns an Themen von Punk zu erinnern - Einkäufe, Plastiktüten, Sozialwohnung, Fesseln, Day-Glo - entdeckt seine Dringlichkeit, sein Schock und sein Hochgefühl wieder. Die ketzerische Idee vom welthistorischen Leben, anstatt eine Lebensdauer die unkritisch nach den Bedürfnissen des Kapitals geformt ist. Keine Vergangenheit, keine Zukunft, keine Hypotheke.

Punks hatten Day-Glo Farben sehr gerne. Day-Glo wurde in den dreiziger Jahren erfunden, von den Switzer Brüdern. Einer von den Brüdern - Bob und Joe - war im Krankenhaus, weil er sich am Kopf verletzt hatte. Eine der Behandlungsarten war Ultraviolettlicht. UV fazsinierte ihn. Die Brüdern machten nachher Experimente mit Farbstoffen und Harzen unter Ultraviolettlicht und machten daraus dilettantische Zauberkunststücke. Sie entdeckten Farbstoffen, die grelle als die anderen waren. Es war als ob ein neues Teil des Spektrums nun sichtig war. Normale Farben nehmen gewiße Frequenzen aus dem Spectrum und werfen die anderen Frequenzen zurück. Die Pflanzen sind grün weil sie Rot aufnehmen. Rote Farbe nimmt Grün und Gelb auf und wirft das Rote zurück. Fluoreszierende Farben tun dies auch, aber nicht nur mit den sichtbaren Frequenzen. Sie werfen doch auch Ultraviolettlicht zurück, aber mit längerer Wellenlängen, sodaß es sichtig wird. Diese zusätzliche Energie macht fluoreszierende Farben greller, lichtiger als übliche Farben. Fluoreszierendes Rot, zum Beispiel, wirft mehr rotes Licht zurück als ein gewöhnlicher Rot, weil es auch unsichtbares Ultraviolettlicht ins sichtbares Rot umwandelt. In 1936 gründete die Brüder Switzer ihre eigene Fabrik in Cleveland.

Die Brüder erhielten ein Patent auf diese fluoreszierenden Farben. Während des Zweiten Weltkrieges, versorgten die Brüder das Militär mit fluoreszierender Fernmelder. Nach dem Krieg, versorgten die Brüder Sicherheitszeichen, Reklamen und Seifenkisten mit Day-Glo Farben. Day-Glo war nun öffensichtlich, plump, geschmackslos und billig.

In den fünfziger Jahren, wurde Day-Glo zum Warenzeichen. Die Firma wechselte seinen Namen von "Switzer Bros" zum "Day-Glo Color Corp". Die Namen für ihre fluoreszierenden Farben zeigen die Poesie der Wissenschaft, Industrie und Weltraumentdeckungsreisen: Neon Rot, Rakete Rot, Feuer Orange, Brand Orange, Bogen Gelb, Saturn Gelb, Bahnhofszeichen Grün, Horizont Blau, Polarlicht Rosa, Korona Fuchsin, Stark Korona Fuchsin, Stark Saturn Gelb. Also, Day-Glo war erst eine dilettantische Unterhaltung, danach ein Gefahrzeichen und schließlich Warenschrei.

In den sechziger Jahren waren Day-Glo Farben in jedem Haus. Psychedelische und bewußtseinserweiternde Plakaten benutzten Day-Glo Farben, als Versuch die Rauscherfahrung zu beschreiben.

Punk benutzte Day-Glo, aber hier war der bewußtseinserweiternde Aspekt nicht das Ziel, sondern eher seine sarkastischen Verbindungen zur Billigkeit und zum Ramsch. Das Plattencover von Never Mind The Bollocks sieht wie eine Ausstellungsreklam beim Supermarkt aus. Hier spiegelte sich die Verbrauchsgesellschaft wider. Die bildenden Künste, wie immer hinter dem Mond, entdeckte Day-Glo erst in den abstrakten Malereien von Peter Halley in den achtziger Jahren. Punk hatte sich schon in den Farben seines Gegenspielers getarnt.

Im Jahre 1914 hat Wyndham Lewis eine Zeitschrift veröffentlicht, Blast hat er sie genannt. Der Name feierte die industriellen Blaswindhochöfen Nordbritanniens. "Blast" sollte ein Blaswind aus den Norden sein.

Der Wirbel war das Symbol der britischen Avantgarde. Blast benutzte das Zeichen der Küstenwache, wenn sie von einer Sturm aus den Norden warnen wollen.

Die Pall Mall Gazette hat geschrieben, daß der Umschlag von Blast die Farbe vom frostigen rosaroten Baumwollflanell hätte, die daran erinnert an ein Verzeichnis einer Textilkaufmann aus dem Londoner Ostends - Blasts Inhalt war genau so kitschig und schäbig.

Obwohl die Journalisten und Rockhistoriker es nie bemerkten, Never Mind The Bollocks stelllte eine echte britische Avantgarde dar: Zeitungstypographie auf Grellfarben, spottbillig, zusammengemissen und schäbig.

Blast wurde von selbstgestylen "primitiven Söldner" geschrieben. Im pinken Blast, nummer eins, hat Ezra Pound einige Gedicht geschrieben. Das Titel von einem Gedicht war 'Frau vor einem Geschäft'. Sie läuten so:

Flitterzeuge vom künstlichen Bernstein und falschen Türkis ziehen sie an
Gleich nach gleicher Natur diese klebrigen Gelben

Ein anderes geht so:

L'Art
Grünes Arsenik auf einem eierschalen weissen Tuch geschmiert
Zerquetschte Erdbeeren!
Komm - hier ist die Augenweide

Und noch eins:

Die neue Seife
Seh wie sie glüht und funkelt in der Sonne
Wie die Wange eines Chestertons

Diese Spruchgedichten präsentieren die Hauptthemen Londoner Vorticismus - oder Wirbelrei. Im ersten Gedicht sind die Frauen von den Flitterzeugen herangezogen. Sie sind angezogen weil sie selbst nicht anders sind. Beim zweiten wird modische französische Kunst verspottet - seine giftige Künstlichkeit wird angedeutet. Das Gedicht über die Seife vergleicht die Seife mit G K Chesterton, der nette Romancier, der so beliebt von der englishen Mittelklasse ist. Der Ton der Gedichte ist schrill, bitter und scharf.

Lewis hat Pound gefragt ob er für Blast hässliche Gedichte hätte. Je hässlicher, desto besser. Aber woran liegt ihre Hässlichkeit? In den Bezug auf moderne Falschheit und chemische Inauthentizität.

Dieser schrille Schrei hat sechzig Jahren danach ein Widerhall in X-Ray Spexs 'The World Turned Day-Glo' gefunden

Die Worten von der Sängerin Polystyrene waren eine Antwort auf die mystische Träumerei von Lucy in the Sky with Diamonds.

Ich kletterte über häufernde Trümmern vom Schaumgummi aus Polystyrol
Dann fiel ich in ein Schwimmbad hinein
aufgefüllt mit Waschpulver wie Schnee
Und dann guckte ich zu als die Welt Day-Glo wird.

Ich zog die Nylonvorhänge zurück
Und schielte durch Fensterscheiben aus Plexiglas
Und sah die Straße aus Acrilan

Polystyrene spricht weiter von Hamburgerbars mit Gummi-schrippchen und Plastikautos und so weiter. Sie wachte auf in einer Welt die synthetisch war, genau so wie die Blast-Leute in einer machinellen Welt aufgewachen sind. In einem anderen Lied singt Polystyrene

Ich weiss dass ich künstlich bin
Aber ich bin daran nicht schuldig
Ich möchte instamatic sein
Ich möchte eine tiefgekühlte Erbse sein.
Ich möchte dehydiert sein in einer Verbrauchsgesellschaft.

Never Mind the Bollocks sah zwar billig aus, war aber eigentlich nicht so billig wie man es hätte denken können. Das Druckverfahren war schwierig - Gelb ist nämlich sehr problematisch weil es leicht Unreinheiten vorzeigt. Und noch dazu fluoresziernde Farben müßen in Schichten aufgelegt werden. Noch dazu ist es nur schwerlich Sonnenecht. Wichtig für den Umschlag war das es kein Gruppenbild des Bands gab - im Gegensatz zu The Clash. The Sex Pistols waren ihr eigenes Ereignis - und Ware ist Ware.

Der Day-Glo Single ist eine Behauptung der Anti-Natur. Die Hippies hatten die Warennatur unterdrückt. Punk machte die Popmusik wieder geschichtlich und künstlich. Punk zerstörte das romantische Idyll.

Das Single war auch kurz, schockierend und direkt - im Gegensatz zum Concept-Album. In Blast bemerkte Wyndham Lewis daß die feinen Ölfarben vorbei seien - sie müßten den neuen, billigen Stoffen ausweichen. Die Äquivalenten bei Punk waren Plastik, tiefgekühlte Erbsen und Day-Glo. Punk Rock war die erste Avantgarde, die den Massen angesprochen hat. Am Ende der achtziger Jahren schauten mit Horror die Punks zu, als die akademischen Epigonen in Großbrittanien über die "populäre Kultur" zu sprechen anfangen. Aber jetzt, bei "Cultural Studies", ist die Avantgarde der Feind des Volkes. Die Verbrauchskultur versorgt Alles, was man sich wünschen kann - so behaupten die Kulturakademiker.

Materialistische Kulturkritik hebt die sterblosigen Thema hervor: Sex und Scheiß und Hunde. Punk Rock war bestimmt ein Ausdruck der materialistischen Weltanschaung. Es gibt Akademiker, die seine Logik verstanden haben. Zum Beispiel, Peter Sloterdijk in seiner Kritik der zynischen Vernunft (1983). Aber, es ist nicht so klar, was für ein Wesen Punk eigentlich ist. Marco Maurizi hat behautet, daß die Dialektik der modernen Kunst ist daß "die Vermittlung von der Unmittelbarkeit kritisiziert wird". In Großbritannien war die Erfahrung der Punks eine Befreiung von der normativen Gesellschaft, und dadurch eine unmittelbare Erlebnis. Aber, wie Karl Marx irgendwo sagt, "die Menschen machen die Geschichte, aber nicht unter Umständen ihrer Wahl". Am Schluß unserer Rede, wollen wir Dias vom Beano zeigen. Der Beano ist ein Komikheft, das jeder britischer Kind in den sechziger und siebziger Jahren gelesen hat. Ohne Zweifel, hatte der Beano einen Einfluß auf Punk, aber für uns, die Erzeugnisse des Beanolesens sind, ist es unmöglich herauszufinden zum welchem Maß. Punk ist ein internationaler Export geworden, aber der Beano ist eine ausschließlich beheimatete Phänomen. Punk war gegen die Kunst, es war kindisch und komisch - aber welches Teil war unvermittelt, spontan, immanent, und welches Teil hängte von der Errungenschaften der britischen amd amerikanischen Popkultur ab? Wir sind Erzeugnisse der Beanoleserschaft: für uns ist es schwer, Kultur und Unmittelbarkeit unterzuscheiden.

Sicherlich sind die grellen Farben ein wichtiger Bestandteil seines Reizes. Die Farben sind sparsam benutzt, um den Preis billig zu halten. Einfarbige Blätter waren mit Schwarz und Rot abwechselnd gedrückt. Es gibt ein mehrfarbiger Umschlag.

Es gibt eine gewiße Hackordnung. Die besseren Comicfiguren sind mit rot und schwarz gedruckt - die sind übrigens von Leo Baxendale erschöpt, obwohl er den Beano in 1962 verlassen hat - die Leseschaft ist immer der gleichen Meinung -

Die Bash Street Kids war die Lieblingsgeschichte von allen. Das Mittelteil des Comics zu öffnen, gleichte eine Bonbontasche öffnen.

Damals gab es keine Farben in den Zeitungen, außer in den "Sunday Supplements", die voll waren mit Bildern von Mannequine, Autos, Spirituösen und Zigaretten. Sie waren aber nicht für die Kinder. Mit einem Beano und eine Bonbontasche der "Refreshers" oder "Opal Fruits" oder "Wine Gums", kaufte das Taschengeld Schätze die den Erwachsenen unbekannt erschienen. Die Farben waren wie die Holzperlen bei einem Kinderwagen. In den Läden, waren die Beanos am Boden aufgestapelt. Man konnte den Beano schnell finden, auch sogar in einem neuen Zeitungshändlern - bevor Vater seine Zigaretten gekauft hat. Die Geschichten sind vom Kinderstandpunkt erzählt, das sich immer im Kriegzustand mit den Eltern, Lehrer und Polizisten befindet.

In früheren Zeiten stellte der Umschlag "Biffo The Bear" dar. Obgleich er ein Bär ist, ist Biffo unerklärlicherweise kleinbürgerlich. Biffo macht sich immer große Umstände über seinen Teppich, seine Vorhänge, seine Tapete und seine Bilder. Gleich wie der Homerischen Held der Odyssee, lebte Biffo symbolische Erzählungen aus. Trotz der Banalität seiner Lebensweise hat Biffo eine philosophische Bedeutung.

Es hat an der Tür Biffos geklopft. Seine Tante Gertrude ist zum Besuch gekommen, und er hat sie erwartet (in Gegensatz zu anderer Figuren des Beanos, ist Biffo sehr regelmässig, mit einer strengen Routine).

Leider, hat die Tante ihre Hausspaniel Bowsie mitgebracht.In seiner ungezügelten Schwärmerei, stoßt Bowsie nicht nur Biffo nieder, sondern auch dabei seine unsichere Stellung als Kleinbürger und Halbmensch droht. Biffo ist kein Tier - oder nicht ganz - er trägt Hosen und Hosenträger (aber kein Hemd) - dieses Hund im Gegensatz ist völlig unbekleidet!

Biffo, wie alle Leute in der zivilisierten Welt, versucht das Kommukationsproblem durch dem Fernsehapparat zu lösen. Das unglückliche Bewußtsein betäubt sich mit der Produkte der Massenkulturindustrie. Tante Gertrude erfreut sich, weil sie das Golfspiel anschauen kann, vielleicht der langweiligste Sport im Fernsehen. Die Tante macht ein Wortspiel: Bowsie hat den Fernsehapparat gern, er ist dann ein sehr guter "Watch dog" - ein Wachhund - der English für "Fernsehschauen" ist "watch TV". In meiner Kindheitserfahrung, habe ich solche Wortspiele niemals lustig gefunden. Sie waren Kopfprüfungen. Die Stirne runzelte, dann hat man das Wortspiel versteht, und man las weiter. Eigentlich, war es nur als ich älter als zwanzig war, hab' ich entdeckt, daß der Beano mich zum lachen bringen kann. Es war eine Freude, den Beano zu lesen, aber komisch war er gerade nicht. Die ausgetauschte Stellung des Hundes - aus arbeitender Hund des produktiven Landes, ein Wachhund, in einen fernsehapparatanschauenden Schoßhund - beweist die kleinbürgerliche Milieu von Biffo und seine Tante. Manchmal arbeitet Biffo als Wärter im zoologischen Garten, aber er hat so viel freie Zeit, daß er eigentlich Privatier sein muß, der natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt. Diese Sonderung von der produktiven Arbeit macht Biffo zur Neurose, insbesonders eine Putzneurose.

Leider hat Bowsie das Fersehgolfspiel so gerne, daß er zu bellen anfängt. Biffo fragt sich, warum der "schlappohrige Dummkopf" sich nicht betäubt. Dann, gleich wie Odysseus bei den Sirenen, hat Biffo eine Idee. Mit einem Gummiband, verschließt er seine eigenen Ohren.

Biffos Lösung ist widersprüchlich. Er schützt sich vom Bellen des Hundes, aber nun kann er nicht mehr den Fernsehapparat hören. Die Logik und das Drama des Golfspiels sind nun für ihm unergründlich. Im Fersehen, hat der Golfspieler kein Erfolg, beim Ballschlagen. Er hebt nur Rasenstücke in die Höhe. Golf, Hörerschaft, Gemeinschaft und Genossenschaft sind alle zum Stillstand gekommen. Alles ist bezaubert von Biffos selbstbesiegender Logik. Biffo hat seine Ohren gegen die Naturstimme gestopft, jetzt aber kann er auch nichts von der Kultur hören. Es macht nichts, wenn die Kultur eine Massentäuschung (Fernsehapparat) oder ein menschlicher Verkehr (Tante Gertrude) ist. Alles ist vorbei. Aber knurre nicht, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, es gibt noch Selbstbewußtsein.

Biffo stellt eine Frage: "Haben sie es gern dieses Spanielaussehen, Leser?". Die Spanielen sind berühmt für ihre schmeichelnden, salbungsvollen Persönlichkeiten. Aber die Ohren von Biffo sind gestopft: doch kann er keine Antwort hören. Bestimmt, diagnostizieren wir, die Lage der kleinbürgerlichen Ideologie, stumm gegen Kritik seiner selbstzufügten Grenzen.

Bei "Biffo the Bear" ist jede Erklärung nach Parodie gerichtet. Biffo ist so isoliert und solipsistisch und eigenartig - so individuell - daß jede soziale Auslegung vorkommt als eine lächelnde Auferlegung. Man kann dasgleiche nicht behaupten von der Figur, die Biffo ersetzt hatte. Spät im Jahre 1974 ist Biffo vom Umschlag verschwunden. Sein Ersatz war Dennis the Menace und sein Hund Gnasher. Hier, ist das Mench-Hund Verhältnis kein Problem. Der Hund ist die Prosthese des Menschens. Ursprünglich waren Dennis und Gnasher hintern auf dem lezten Blatt des Comics. Nun, gewinnen sie zwei mehrfarbige Blätter und sind vorne. Dennis und Gnasher sind prototypische Punkrockers, allergisch gegen "Softies" - Mutterkinder oder Schlappschwanzen - Blumen und Parfüm. Die Frisur von Dennis - wild, nicht zu bändigen - beruht sich zweifellos auf die Reaktion in den sechzigen Jahren gegen der Haarschnittsgrausamkeit von Elvis am 25 März 1958 (betreibt von James Peterson, Fort Chaffee, Arkansas), als er zur US Militär und zum Militärdienst in Westdeutschland ging. Aber auch bleibt Strüdelpeter bei der Sache. Dennis the Menace sah auch die "Dreadlocks" der "Krusties" vorher. Die Walterbenjaminsverehrer werden enttäuscht sein wenn sie lernen, daß der Hauptschlappschwanz "Walter" heißt. Sein Freund besitzt den vornehmen Namen "Bertie Blenkinsop", und einen Schoßpudel namens Foo Foo. Gassenkind kämpft gegen das vornehme Kind, die Promenadenmischung kämpft mit dem Vollbluthund.

Der schwarze Gekritzel Denniss Haar und Gnasher ist perfekt dafür geeignet die Farben herauszubringen. In Goethschen Faust, erscheint Mephistopheles erst in der Figur eines schwarzen Pudels (in jener Epoche war der Pudel ein arbeitender Hund, ein Apportierhund bei den Wildentenjäger). Der Pudel der in Faust erscheint ist von schimmernder Farben umgeben - einen Effekt der Faust sehen kann, ist aber für Wagner, ein Philister, unsichtbar. Die Beanoschöpfer wissen zweifellos nichts von Faust, aber Goethe beschäftigt sich mit der Wahrnehmung, und bemerkte dieselbe dialektische Tatsache: Schwarz macht die Farben greller leuchten. Die Künstler bei dem Beano haben bloß den selben Effekt entdeckt.

Minnie the Minx ist ein Wildkind, ein kleines Mädchen, das ein sehr komisches Verhältnis zu ihrem Vater hat. Wie viele schwergeprüften Erwachsenen im Beano, hat er ein langes Gesicht und eine herausstreckene Nase. Minnie the Minx hat viele Verfolgungsjägde und es gibt viel Möbelzerstörung. Minne hat immer eine Ausrede - oder Anlaß - für ihre zersplitternde Tätigkeiten. In diesem Strip, ist ihr ein Pogo-stick in den Besitz gekommen - der Spielzeug dessen Namen den Punktanz - the pogo - ausgeliehen hat..

Die einzigartigen Freuden von der Bash Street Kids sind nicht einfach zu erklären. Die Spielworte von Biffo sind bei der Bash Street Kids in der Wirklichkeit aufgehoben: sie sind nicht mehr die klugen Witze von Tante Gertrude, sondern eine Aufhebung des Entscheiden müßen zwischen den Realitätsprinzip und den Lustprinzip. Hier ist eine Geschichte von der Ausgabe vom 31 Januar 1976.

Der Titel - wie bei der Simpsons - ist jede Woche anders. Der Lehrer fragt: "Wissen sie was Design ist?" Smiffy, deren Dummkopfheit eine Dadapoesie erreicht, sagt "Design is de thing that points de way, Herr Lehrer". Smiffy macht Spaß mit dem jamaikaischen Akzent: "Design" klingt wie "The Sign", also "The Sign" "ist das Ding das die Richtung zeigt". "Nein, Nein, Nichtskönner" sagt der Lehrer, "Ich meine, solche Zeichnungen. Für diese Kunstklasse, machen sie schöne Muster." Die Kinder zeichnen, aber sie sind Zeichnungen, die ihre Existenz thematisieren, wie die heraldischen Wappen oder ein Hip-Hop "Tag". "Fatty" zeichnet Würstchen und Kartoffelbrei, "Spotty" zeichnet Pickel und so weiter. "Igitt!" (ekelhaft) sagt der Lehrer, "Wie scheußlich! Ich muß euch in die Tapetenfabrik bringen. Ihr werdet da die schönsten Muster sehen." "Ich hoffe daß sie sich von ihrer besten Seite zeigen, und bemerken sie was ich sagen werde." "Die schönen Muster sind hier gezeichnet." Vielleicht es ist zu klein zu sehen, aber Spotty hat ein "Hausholzwurm", der durch die Bleistifte und Pinseln einer des Künstlers frißt. Immer narrisch, benutzt Smiffy die Staffelei als Pfeil. "Hier wird das Papier gedruckt." "Oh Weh! Mein Mittagessen!" Wilfrid geht unter der Druckrolle: "Kinder, hast du meinen neuen Pullover gern?". "Aha! Sehen sie die hübsche Muster, Kinder" "Es ist langweilig, gehen wir". "Aah, ist es nicht schön?" "Ja, es ist schön, Herr Lehrer." "Aah, ist dies auch nicht schön?" "Ja, Herr Lehrer, es ist schön." "Diese Stimme kommt mir sehr bekannt vor." "Hilfe! Nur Smiffy bleibt hier. Die andere wüten in der Fabrik." Die Kinder spielen mit Nullen und Kreuzen - und schöpfen ein neues Muster.
Später, im Geschäftsführerbüro: "Jene wird ein netter Muster für Tapete machen. Ich werde den Hauptkünstler anrufen." Smiffy hat die anderen wiedergefunden. Die Kids sehen das Obst. "Igitt!" Das Obst ist aus Wachs gemacht." "Gehst Du in mein Büro hinein und zeichnen Sie was Sie sehen." "Jawohl Herr Kapitain!" "Ha, dieses Muster ist nicht sehr gut, aber es ist egal. Gehen wir."
Später. "Was für einen Tag! Alle mussen tausendmal schreiben!"
"Endlich, Vier Uhr. Sie sind los."
Am Ende einer schweren Woche ... "Doch, es ist großartig, zu Hause zu sein, ohne den Kindern. Es gibt nichts hier, um mich an sie zu erinnern." In seinem Garten, gibt es einen Rohrstockbusch und einen Doktorhutbusch. Seine Frau reicht dem Lehrer sein Hausjacke, mit "Wir lieben dich" überall geschrieben. Sein Hund, auch mit einem Doktorhut, reicht ihm seinen Pantoffeln. "Ich habe eine Überraschung für dich," sagt die Frau, "Die Tapezierenden waren hier. Sie haben dein Zimmer nach der letzten Mode tapeziert." "Wie lieb bist du mir, meine Liebling."
"Aber was ist denn los? Es ist die letzte Mode!" "Sei still, Weib, kratzen Sie weiter!"

Die Bash Street Kids sind eine anarchistische Kollektive. Jede hat seine eigene Persönlichkeit, wie die Sieben Zwerge Walt Disneys. Sie sind aus der Arbeiterklasse, und sie kämpfen gegen die vornehmen Kinder der Bolb Street. Als die Sex Pistolen sich "Johnny Rotten" und "Sid Vicious" genannt haben, klang es sehr nach den Bash Street Kids: Gassenkinder als Piratengang. Das erstaunliche an Punk war, daß die Comicfiguren weg von den Blättern gekommen sind, um die Politiker, Zeitungsjounalisten, Royalisten und Polizei zu schockieren.

Lol Coxhill spielt soprano Saxophon. Er hat an jede bodenständigen Musikbewegung in London mitgemacht: Bebop, R&B, Ska, Hippie, Punk, Free Improvisation, Drum'n'Bass, Mad Pride, Esemplastic. Wenn sein Name Euch unbekannt sei, ist es weil er untergrund und nicht kommmerziell ist. Seine erstes Album wurde von Dandelion, die Schallplattenfirma von John Peel, herausgegeben. Sein letztes CD, ein Retrospektiv - Spectral Soprano [Enamem 4204] enthält ein bop ballad der fünfzigen Jahren, ein R&B stück der sechziger Jahren, hippie experimentalische Musik mit elektronischen Tasten und ein Saxophonconcerto begleitet von der Londoner Improvisor Orkester. In den frühen Siebziger Jahren war er Musikdirektor der Welfare State Orkester, ein nomadisches Straßentheater. Wenn die Musik zugänglich, billig und interressant ist, ist Lol Coxhill immer dabei. Er hat viele Konzerte auf der Straße gegeben. In 1977, hat er mit The Damned gespielt, einer der ersten Punkrockgruppen. The Damned haben ein Song namens "Grimly Fiendish" geschrieben nach ein Comicstrip von Leo Baxendale, der Schöpfer von Minnie the Minx, Dennis the Menace und die Bash Street Kids. Coxhill hat bei der Company Week von Derek Bailey gespielt. Es ist ganz logisch, daß er ein Bash Street Kids T-shirt tragen soll mit Plug, die häßliche Figur.

Die Bash Street Kids bestehen darauf, daß Spaß, Umwandlung und anti-Autorität die wichtigen Prinzipien sind. Sie haben es gern, wenn sie die redensartigen Sprüchen in der Wirklichkeit treffen und die Redewendungen inWildtiere oder Urwälde in der Tat realisiert werden. Wie Marx wollen die Bash Street Kids, daß die Ideen nicht in dem höheren Himmel eingesperrt sind, aber im Alltagsleben hereinstürzen. Wie bei einem Traum oder bei der Poesie, die Unterscheidung zwischen Vorstellungen und Realität erschüttert ist. Der Comicstrip kann es tun, weil er auf dem Vergnügen des Witzes, auf dem Lachen - eine unwillkürliche Reaktion der Leser - gegründet ist. Im Gegensatz zur Politik, ist sie nicht auf der Behaltung der Illusionsapparat gegründet. Jeder Künstler der diese Ästhetik ernst nimmt - wie R. Crumb, wie Frank Zappa, wie Philip K. Dick, wie Stewart Home - hat sich nicht der ernste Kultur beschränkt, aber bewährt einen Kommunikationsweg zur utopischen Freude der Kindheit. Nur diese Ästhetik kann die revolutionäre Kultur einen vielgenötigten Vergügensaspekt leihen. Mit Glück haben wir erklärt, in wie weit diese Betonung der libidinösen Befriedigung nicht marxfeindlich oder postmodern sei, sondern zentral für die echte marxistische Weltanschauung, die sich dafür einstellt, die Welt zu bearbeiten und umzuwandeln und deshalb eine Dialektik zwischen Vorstellungen und Wirklichkeit hervorzubringen braucht.

Get You Back Home